Aus dem Orchestergraben.
Ich hab sie nie gesehn
die andere
neuer mensch in deinem neuen sein
ein mythos: fremd ungreifbar groß
Ich hab sie nie gesehn
und doch
ein klares bild von ihr
Sie ist
ein schöner mensch
: schwarz golden zart
wohltuend warm,
ein sonnenkind
Das leben hat sie
stark gemacht
sie schreitet
groß, bewusst und stolz
: graziöse kraft
Sie hat
ein klares ziel
mut willen weg
gradlinig klug,
gereifte frau
Das denken
macht ihr
keine angst
sie wiegt sich
frei, gelassen wild
: lustvoller sieg
Sie kann
dich einfach lassen
sein geben nehmen
bedarfslos liebevoll
jungmädchenhaft
Ihr handeln gibt dir
freien raum
sie schenkt sich
ganz, besonnen tief
: erfülltes sehnen
Ich hab sie nie gesehn
und würd´ ich
könnt´ ich nicht bestehen
neben ihr ,
sprach die Königin und glitt von ihrem Thron, um
der Göttin den Platz
an der Seite ihres Gemahls zu
überlassen.
Geschlagen, doch erhobenen Hauptes schritt sie
von der Bühne, ohne sich
noch einmal umzusehen.
Aus diesem Grund entging es ihr, dass ihr Thron
unbesetzt
blieb.
Der weise König aber rief sie nicht zurück war
sie doch unters Volk gegangen, da sie an Stelle ihrer
selbst eine Größere an seiner Seite wissen wollte.
So begab es sich, dass nur kurze Zeit darauf eine
neue junge Königin gekrönt ward.
Die alte Königin aber kam, nachdem sie sich auf
allerlei Umwegen vergebens um eine neue Rolle
bemüht hatte,
endlich im Orchestergraben nieder.
Als der Intendant dies sah, wurde er zornig.
"Wer bist du, dass du dir anmaßt, den für dich
bestimmten Platz nicht einzunehmen??" Er
ergriff die Abtrünnige mitsamt ihrer Replica und
zog sie ins Licht. [...]
©1995 revised, A.Kaehler